Was ich als Biersommelier an Gin mag - und was nicht

Was ich als Biersommelier an Gin mag - und was nicht

Gin ist (immer noch) ein ungebrochenes Trendgetränk. Viele Brauereien sind auf diesen Trend aufgesprungen und haben eigene Gins herausgebracht. Allen voran (natürlich) Brewdog die direkt mehrere Gin Sorten im Sortiment haben. Aber auch kleinere Brauereien wie Hertl (der auch direkt einen eigenen Tonic dazu entwickelt hat) oder die Holystoner Brauerei haben sich schon an eigenen Gins versucht und wie es sich gehört ist natürlich Hopfen im Spiel. Und auch im Premium Gin Segment wird abseits von Brauereien gerne Hopfen als Teil der “Botanicals” verwendet um die Aromen, die wir auch im Bier so schätzen in den Gin zu bringen. Wer einmal in einem Gin Shop nach “Hopfen” sucht wird eine erstaunliche Menge an verschiedenen Gins finden. Beim “Blind Tiger Cubeba” Gin ist neben Hopfen sogar Malz im Gin.

Beim Blind Tiger Cubeba Gin wurde sowohl Hopfen als auch Malz als Botanical verwendet

Beim Blind Tiger Cubeba Gin wurde sowohl Hopfen als auch Malz als Botanical verwendet (Quelle: Hopfenfreuden)

Gin ist von der Herstellung her reiner, neutraler Alkohol (auf Getreide oder Melasse Basis), der seinen Geschmack erst über die verwendeten “Botanicals”, also z.B Kräuter, Gewürze oder Früchte erhält.

 

Exkurs: die verschiedenen Gin Typen

Compound Gin

Der Compound Gin ist die einfachste Produktionsweise des Gins. Im Gegensatz zu anderen Gin Sorten werden die Pflanzenbestandteile bei der Herstellung in den puren Alkohol gelegt, um dort ihre Geschmacksaromen zu entfalten. Anschließend wird er nur noch trinkfähig abgefüllt – fertig!

Distilled Gin

Im Gegensatz zum Compound Gin ist die Produktion des Distilled Gins schon etwas komplizierter. Während der Compound Gin mit Hilfe des Mazerationsverfahrens aromatisiert wird, wird hier zusätzlich die Destillation benötigt. Das bedeutet, die verschiedenen Botanicals werden nicht nur in puren Alkohol eingelegt, sondern zusammen destilliert.

London Dry Gin

Seit bereits 1830 gibt es den wohl bekanntesten Stil in Sachen Gin: den London Dry Gin. Im Gegensatz zu anderen Gin Sorten werden an den London Dry höhere Anforderungen gestellt. Er muss mindestens dreimal destilliert werden und der Basisalkohol muss von hoher Qualität sein, sodass das Destillat mindestens einen Alkoholgehalt von 70 Vol.-% aufweist. Eine weitere Aromatisierung im Nachgang ist nicht gestattet. Das bedeutet, er wird nur mit Hilfe von Wasser auf Trinkstärke angepasst.

New Western Gin

Der New Western besticht durch seine unkonventionelle Art. Er bezeichnet Gin Sorten, die nicht Wacholder als hauptsächlichen Geschmack haben, sondern ihren Fokus eher auf vor allem regionale Besonderheiten legen.

Aged Gin

Eine eher selten gefragte Gin Sorte stellt der Aged Gin dar. Er beruht sich auf Traditionen aus dem 18. und 19. Jahrhundert, als der Gin noch in alten Eichenfässern auf dem Schiff transportiert wurde. Durch das Holz werden dem Gin, wie auch bei anderen Spirituosen, nochmals ganz eigene Geschmacksaromen hinzugefügt. Wichtig ist hierbei, trotz der zusätzlichen Aromen den Charakter des Gins zu bewahren, denn durch diese spezielle Lagerung und Reifung bekommt er schnell einen ähnlichen Charakter wie ein Whisk(e)y oder Rum.

Was ich bei Gin als Biersommelier (und Whisky-Liebhaber) nicht mag

Sowohl bei Bier als auch bei Whisky finde ich das erstaunliche und fast schon magische wie aus einer stark begrenzten Menge Zutaten so viele verschiedene Aromen entstehen können (und auch diesen Gründen mag ich auch Biere, die mit Aromen arbeiten direkt ein bisschen weniger).

Gin kann hier nicht mithalten, weil es ein von Grund auf “designtes” Produkt ist. Jeglicher Geschmack wird bewusst und durch die jeweilige Zutat zugesetzt. Ich will hier auf keinen Fall das Handwerk und Wissen schmälern, die es braucht um ein Aroma bestmöglich herauszulösen und hervorzubringen, aber am Ende schmeckt ein Gin z.B. nach Ingwer weil Ingwer zugegeben wurde.

Was ich bei Gin als Biersommelier mag und was wir von Gin lernen können

Auch wenn ich ein persönliches Problem mit dem Marketing einiger Gin Sorten habe, wo es scheinbar nur noch um immer verrücktere Stories, und eine immer aufwendigere Flaschenform geht und das eigentliche Produkt (das Getränk) mehr und mehr in den Hintergrund gerät. Nichts desto trotz können wir als Bier Sommeliers einiges zum Thema Storytelling von den Gin Herstellern lernen. Die Art wie einzelne Aromen und Zutaten mit einer Geschichte, einem lokalen Bezug, Bildsprache und Emotionen aufgeladen werden finde ich beeindruckend und davon können wir für die Präsentation und die emotionale Verbindung zum Bier viel lernen.

Bildquelle

Bild von eKokki auf Pixabay

Hallo, ich bin Leif, ein leidenschaftlicher Biertrinker, Absolvent der Kurse Diplom Biersommelier und International Beer Sommelier. Als Bier-Enthusiast, Hobbybrauer, Whiskyliebhaber und Genussmensch teile ich in diesem Blog meine Leidenschaft für Biere, Braukunst und der Kombination von Bier und Whisky.
Besonders fasziniert mich die Vielfalt belgischer Biere, fassgelagerter Sorten und Sauerbiere. Entdecke mit mir die Welt des Bieres und lass dich von meinen Erfahrungen inspirieren.

auch interessant