Was im deutschsprachigen Raum der (Diplom) Bier Sommelier ist, ist im amerikanischen Raum der “Certified Cicerone®”. Der Begriff Cicerone lehnt sich dabei an eine Bezeichnung für einen Fremdenführer an. Der Cicerone soll also für die Biertrinker wie ein Fremdenführer sein und sie durch die Welt der Biere führen. Den “Vater” des Cicerone®, Ray Daniels, kennen Hobbybrauer übrigens vielleicht auch durch sein Buch “Designing Great Beers”.
Das erste Mal stolperte ich über die Bezeichnung “Certified Cicerone®” tatsächlich im Podcast “Belgian Smaak” von Breandán Kearney. Breandán schrieb in seiner Vita das er “Certified Cicerone®” sei. Ein wenig googlen führte mich auf die Website des Programms (cicerone.org). Auch im Buch “Bier verstehen” von Jan Brücklmeier wird das Programm erwähnt. Es handelt sich um ein mehrstufiges Zertifizierungsprogramm, neben den Zertifizierungen und Prüfungen bietet Cicerone® auch Schulungen und weitere Materialien an.
Die Stufen:
- Certified Beer Server
- Certified Cicerone®
- Advanced Cicerone®
- Master Cicerone®
Bei den Prüfungen wird, vorallem im Vergleich zu deutschen Ausbildungen, sehr viel Wert auf das (auswendig) Lernen von Bierstilen nebst ihren Parametern gelegt (basierend auf den BJCP Richtlinien). Gefühlt jede 2. oder 3. Frage zielt auf die IBU/ABV/SRM Werte eines dedizierten Bierstils ab.
Zertifizierung, keine Schulung
Auf den ersten Blick mag einem die Zertifizierung auch in den höheren Stufen vergleichsweise günstig vorkommen, wenn man sie mit den Preisen für Ausbildungen mit Zertifikaten in Deutschland/Europa vergleicht.
Das liegt vor allem daran, dass es bei Cicerone® wirklich nur um die Zertifizierung geht, man erhält für sein Geld keinerlei Materialien (außer man kauft weitere Begleitmaterialien) oder Schulungen. Es wird erwartet, dass man sich das benötigte Wissen im Selbststudium aneignet. Es gibt Drittanbieter, die weiteres Material und auch Online- oder Präsenzschulungen als Vorbereitung auf die Prüfungen anbieten.
Die Prüfungen werden mit steigendem Rang deutlich komplexer, reicht für den Certified Beer Server ein Online Multiple Choice Test kommen in den weiteren Stufen Präsenzprüfungen, Tasting-Prüfungen und auch Freitext-Aufgaben hinzu.
Ein riesiger Pool an Quellen
Was ich am Cicerone Programm sehr mag ist, dass bei der Zertifizierung und der Vorbereitung auf die Zertifizierung größtenteils auf andere Quellen (wie z.B. die BJCP) zurückgegriffen wird, die auch unabhängig von einer gebuchten Zertifizierung zugänglich und abrufbar sind. Unter cicerone.org/int-en/resources-links findet sich eine riesige Liste von Büchern, frei downloadbaren PDFs und relevanten Websites. Außerdem finden sich dort auch Anbieter von Kursen und der Syllabus der einzelnen Zertifizierungen. Es gibt für die 2. Stufe (Certified Cicerone®) auch eigenes Material zu 4 Bierregionen (Belgien, USA, England & Irland, Deutschland & Tschechien), Bier brauen und Schankanlagen & Lagerung die man zur Vorbereitung nutzen kann (aber nicht muss). Alleine sich durch den Syllabus und die verlinkten Seiten zu wühlen hat enormen Spaß gemacht.
Der erste Schritt: Certified Beer Server
Wie schon beschrieben ist für das erste Level das bestehen eines Multiple Choice Tests erforderlich. Mit Vorwissen im Bereich Bier kann man den Test gut bestehen. Einzig das Abfragen einzelner Parameter für einzelne Bierstile (IBU, ABV, SRM) hätte mich bei einer Präsenzprüfung vermutlich sehr gefordert. Stumpfes auswendig lernen liegt mir einfach nicht.
Für die Prüfung zum "Certified Beer Server" ist "nur" das Bestehen eines Multiple Choice Test nötig.
(Quelle: Cicerone.org)
Am Ende habe ich die Prüfung aber beim ersten Versuch bestanden und darf mich also jetzt mit dem Titel Certified Beer Server schmücken.
Nächster Halt Certified Cicerone®?
Ich muss zugeben es reizt mich, weniger des Titels wegen, aber es hat großen Spaß gemacht das Thema Bier mal aus der Brille eines anderen Landes/einer anderen Bierkultur zu erleben ohne deutsche “Einfärbung” des Blickwinkels. Und das hinarbeiten auf eine Prüfung/Zertifizierung ist dabei durchaus eine Motivation für mich auch die Kapitel der Bücher zu lesen, die ich sonst vielleicht schon als bekannt abtun würde.
Der große Knackpunkt (neben dem auswendig Lernen der BJCP Richtlinien vor dem es mir wirklich graut) ist, dass Cicerone® keine europäischen Prüfungstermine anbietet. Und für die Prüfung in die USA, Chile, Israel oder Süd-Korea zu fliegen ist es mir dann doch nicht wert.
Sollte es doch mal eine Prüfungsmöglichkeit in Deutschland oder in einem unserer Nachbarländer geben würde ich es aber vielleicht machen …
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